Wir Reiter gymnastizieren unsere Pferde, um uns sicher und lange gesund tragen zu können. Um die Asymmetrie zu verringern. Dazu dienen Übungen, welche die verkürzte hohle Seite dehnen, das schwächere Hinterbein kräftigen, die Last aufnehmen und zu tragen und so vieles mehr. Das Geraderichten ist eine Lebensaufgabe.
Um unsere Pferde hierbei gezielt zu unterstützen dürfen wir erstmal herausfinden, wo Defizite stecken. Wie läuft dein Pferd frei laufend auf der Koppel? Wie sehr balanciert es sich mit seinem Hals aus? Treten die Hinterbeine in die Spur der Vorderbeine? Wie sieht die Oberlinie deines Pferdes aus? Wie wechselt es seine Gangarten? Weich und fließend? Oder aufwendig und steif?
Und vor allem: wie ist all das bei dir?
Solange der Reiter nicht behindert, kommen unsere Pferde mit ihrer Schiefe ganz gut zurecht. Sobald wir aber reiten wollen, ist es wichtig, dass unser Pferd seine Balance bereits gefunden hat. Nämlich in der Bewegungslosigkeit und in der Bewegung.
Stell dir vor du stehst auf einem Bein und hast deinen Partner an der Hand, der ebenso auf einem Bein steht. Das kann wackelig und instabil werden. Sicher und stabil wird es nur, wenn beide ihre Balance zusammen finden. Mit unserem Pferd ist es genauso. Ist einer nicht ausbalanciert, wackelt der andere mit.
In meinen Yogastunden unterrichte ich sehr gerne im Vierfüßlerstand, weil das der Haltung unserer Pferde sehr nahe kommt.
Immer wieder erkläre ich, wie diese Haltung exakt eingenommen wird. Vorerst noch mit beiden Händen und beiden Unterschenkeln am Boden. Sobald der rechte Arm nach vorne oder zur Seite ausgestreckt wird, wackeln die Ersten. Geben wir jetzt noch das diagonale Bein nach hinten wird’s schon wackeliger. Die ersten Hände sinken zurück zum Boden, Füße und Beine fliegen unkoordiniert durch die Luft, Ärger und Groll steigen auf. Meine Teilnehmer werden instabil. Der Körper signalisiert sofort, wo es an Stabilität fehlt. Dabei versucht dein Körper sich mit allen Umständen auszubalancieren, die Balance zu finden. Gleiches tut dein Pferd. Es gibt alles, um nicht umzufallen. Fühle dich hinein in diese Aufgabe, das der Körper sich bewegen darf, um in die Mitte zu finden. Fühle wie die Muskeln deinen Körpers arbeiten, alles geben um nicht zu fallen. Spüre diese kleinen feinen Muskeln, deine Ansatz-Muskulatur, die sonst wenig Beachtung bekommt und welche dir hilft, deinen Körper ins Gleichgewicht zu bringen.
Erinnere dich an meine Worte- die ich ständig wiederhole- wie du es schaffst, deine Stabilität zu finden. Erinnere dich daran, wie viele Yogastunden es benötigt, um wirklich jedes kleinste Detail zu verstehen und dann auch noch umzusetzen. Erinnere dich daran, dass du immer nur eines nach dem anderen verstehen und vielleicht umsetzten kannst. Erinnere dich daran, wie hart dein Körper hierfür arbeitet, trainiert. Erinnere dich daran, wie du versucht, dem Training aus dem Weg zu gehen- Schonhaltungen einnimmst- ich dich korrigiere- du dieses genau spürst. Erinnere dich daran, wie ich dich immer wieder ans Atmen erinnere. Wie oft hälst du die Luft an? Wie oft willst du raus aus der noch unschönen Situation? Wie oft halten wir länger, als dein Körper eigentlich mag? Erinnere dich daran, dass wir aus dieser eingenommen Haltung plötzlich in die Bewegung starten- im Fluss deiner Atmung. Sofern du atmest ;-) Erinnere dich daran, wie sehr dieses loslassen der starren Bewegung deinem Körper gut tut und hilft, den Weg wieder zurück in die korrekte Ausgangshaltung zu finden. Erinnere dich daran, wie sehr dir das Wiederholen zu Gute kommt. Erinnere dich daran, Hand und Bein wieder abzusetzen. Erinnere dich daran, wie erleichtert das wirkt. Erinnere dich daran, dass ich dich nach dieser körperlichen Anstrengung in die wohlverdiente Pause schicke. Erinnere dich daran, wie dein Körper diese kurze Ruhe genießt. Erinnere dich daran, wie sich deine Atmung währenddessen verändert. Erinnere dich, wie du dich jetzt- in diesem Moment- fühlst. Erinnere dich, wie du deinen Körper jetzt spürst.
Es gibt wunderbare Gleichgewichtshaltungen im Yoga und in all meinen Yogastunden sind welche vertreten. Jeder macht diese so gut er eben kann. Yoga ist tagesformabhängig, kein Tag ist wie der andere. An manchen Tagen geht es leichter, an manchen Tagen tun wir uns schwerer. Sei liebevoll zu dir, nimm den Druck raus, sei weniger Verbissen und nimm den Augenblick an, wie er jetzt ist. Alles andere kommt von alleine ;-)
Und bedenke, dass es deinem Pferd ähnlich geht ;-)
Wir können unseren Pferden Balancehaltungen wunderbar vom Boden aus näher bringen. Es braucht keine großen Bewegungen dazu und auch noch kein Reitergewicht. Bewege dich am Boden vor oder neben deinem Pferd, durch reine Gewichtsverlagerung, von vorne nach hinten und dein Pferd kann dir folgen. Irgendwann- mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld, bewegt ihr euch beide gleichzeitig im Einklang. Ein sanftes schaukeln entsteht. Hilfen sind erlaubt und nötig. Fühle wie Harmonie zwischen zwei Körpern entsteht, die sich gemeinsam durch Bewegung bewegen.
Gleiches gilt für das rechts- und das links Bewegen. Alles im Stand. Alles auf 4 Hufen und zwei Füßen. Und in dieser simplen Aufgabe steckt so viel mehr, als mit bloßem Auge sichtbar ist.
Körpergefühl, Körperbewusstsein und Konzentration - alles das erfährst du auch im Yoga.
Wenn wir Balance als das Gleichgewicht in der Bewegung definieren, so beschreiben wir mehrere Arten von Gleichgewicht. Das zwischen der rechten und der linken sowie das zwischen der vorderen und hinteren Körperseite. Ein weiteres ist das seelische Gleichgewicht. Fehlt dieses, stört es enorm.
Vergiss also nicht, es dir und deinem Pferd gut gehen zu lassen.
Alles Liebe
Ina